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Amplitude der Unruhe

Verfasst: 23.03.2010, 09:16
von Diogenes
Mit dem Betreff habe ich mich jetzt etwas schwer getan...

Aus persönlichen Gründen habe ich mir ein paar mechanische Uhren zugelegt, die allesamt aus dem Reich der Mitte stammen müssten, dem inneren Aussehen nach sogar vom selben Hersteller - auch wenn die vielen Namen oder Aufdrucke Made in ... etwas anderes vorgaukeln wollen. Von daher erwarte ich also keine so überragende Qualität und habe auch keine hohen Beträge für die Dinger gezahlt, aber schaun mer mal, wie sie sich so durch die Zeit schlagen.

Nun ist mir folgendes aufgefallen:

Ich beobachte den Totpunkt den Unruhe, also in etwa den Bereich, wo der Drehimpuls der Unruh zu Ende ist und diese dann wieder anfängt, zurückzulaufen. Der scheint sich bei bei den billigen Chinauhren im verlauf einer Minute abhängig von der Stellung des Sekundenzeigers zu verschieben. Man sieht also die Stege der Unruhe nicht immer an einer fixen Stelle; das scheint mal etwas davor und dahinter zu wandern. Die Uhr geht allerdings sehr genau, z.Zt. ca. 5 Sekunden Abweichung pro Tag. Bei der Regulierung scheint man das also ausgeglichen zu haben oder ich habe ein Verständnisproblem. Sollte es nicht so sein, das die Amplitude der Unruhe immer genau gleich sein müsste, man also immer an der selben Stelle die Stege der Unruhe sehen müsste? Ist meine Uhr vielleicht schief montiert, also die Platte, welche die Zahnräder hält, vielleicht an einer Stelle einen Bruchteil eines Millimeters tiefer und verursacht einen Schwergang? Oder ist das ganze evtl. völlig normal und ich sollte mehr auf die Zeiger meiner Uhr achten, statt auf die Zahnräder (es ist eine skelettierte Uhr, wo man dem eingebauten Mechaniker beim verstellen der Zeiger zugucken kann :lol: )?
Wie sieht das denn bei euren noblen Markenuhren aus? Die schwingen m.W. etwas schneller (4 oder gar 5 Hz statt wie bei mir mit 3 Hz?), aber wenn man die Unruhe sieht, sollte man das trotzdem sehen können. Meine Markenuhr ist leider immer noch in Raparatur und ich kann nicht selber nachschauen.

Sorry, wenn ich mich jetzt etwas kompliziert ausgedrückt habe, ich hoffe, man kann aus dem Gestammel herausfinden, was ich meine :crazy:

Viele Grüße und eine gute Zeit

"Diogenes"

PS:
wieso haben Uhrenfreunde eigentlich keinen speziellen Gruß wie die Jäger oder Angler? So wie "allzeit guten Tick" :mrgreen:

Re: Amplitude der Unruhe

Verfasst: 23.03.2010, 11:02
von kleinerzeiger
Grüße Dich

Die Amplitude (Schwingungsweite) schwankt natürlich. Bei Vollaufzug ist die Amplitude größer (sollte je nach Bauart der Uhr gut 270°) haben.
Wenn die Uhr weniger Kraft hat ist die Amplitude natürlich niedriger.
Das Geheimniss einer guten Uhr liegt im Isochronismus!
Isochron schwingt eine Unruhe wenn die kleinen Schwingungsweiten genau so schnell sind wie die großen.
Es gilt eine Uhr isochron wie möglich zu gestalten. Manche Marken neigen dazu den "positiven Isochtonismusfehler" zu erzeugen.
Bedeutet, die kleinen Schwingungen sollen etwas schneller schwingen.
Den Rest heute abend

Re: Amplitude der Unruhe

Verfasst: 23.03.2010, 11:55
von Diogenes
Danke schonmal für Deine Antwort, aber das trifft nicht genau, was ich meine.

Mir ist schon klar, dass die Amplitude mit nachlassender Kraft aus dem Federhaus auch kleiner wird. Die Unruh schwingt voll aufgezogen weiter, als 24 Stunden später.
Ich meine jedoch, dass die Aplitude der Unruh um 12.00.10 z.B. 270° beträgt, und um 12.00.50 nur noch 230°, in der nächsten Minute dann das gleiche Spiel wieder von vorne.

Re: Amplitude der Unruhe

Verfasst: 23.03.2010, 19:24
von kleinerzeiger
...Jetzt bin ich zu Hause und kann weitermachen

Ich habe erst allgemein über Amplitude und Isochronismus geschrieben.
In deinem Fall handelt es sich um eine recht gut gelungene "rundregulage".
Du sagst die Gangergebnisse sind gut.
Eine gute Uhr darf nicht innerhalb kurzer Zeit Amplitudenschwankungen haben. Es sei die befindet sich z.B. in der Datumschaltung.
Viele einfachere Uhren haben nichtmal einen ausgewogenen Sekundenzeiger. Er selbst und andere unrunde Sachen verursachen Amplitudenschwankungen.
Die Uhr läuft in dem Moment auch mit starken Gangschwankungen (weil sie eben keine isochrone Unruhe haben). Auf der Zeitwage sehr gut zu sehen.
Wenn sich die Schwankungen regelmäßig wiederholen, ist es wie bei dir trotztdem möglich akzeptable Gangwerte zu erreichen.


Eine gute Uhr hat weniger Amplitudenschwankungen und hat dabei noch relativ isochrone Unruhe. (Durch gute Materialien und Verarbeitung)
Die guten Gangergebnisse sind dann nicht zufällig und können jederzeit (Überholungsinterwalle) wiederholt werden.

Ich hoffe es hat dier geholfen, sonst frag ruhig weiter.

Kleinerzeiger

Re: Amplitude der Unruhe

Verfasst: 23.03.2010, 20:50
von kleinerzeiger
Diogenes hat geschrieben: Wie sieht das denn bei euren noblen Markenuhren aus? Die schwingen m.W. etwas schneller (4 oder gar 5 Hz statt wie bei mir mit 3 Hz?), aber wenn man die Unruhe sieht, sollte man das trotzdem sehen können. Meine Markenuhr ist leider immer noch in Raparatur und ich kann nicht selber nachschauen.

:mrgreen:
Die meisten "modernen" Nobeluhren schwingen mit 3Hz (21600 Halbschwingungen) oder mit 4 Hz (28800Halbschwingungen pro Stunde)
Früher haben auch Nobeluhren ein Schwingsystem mit 2,5Hz (18000) verbaut.

Grundsätzlich gilt: Je höher die Schwingungszahl um so genauer die Uhr!
Wenn die Uhr z.B angestoßen wird und dadurch mal "aus dem Takt" kommt, dann läuft eine Uhr mit niedrigerer Frequenz entsprechend ungenauer.

Grundsätzlich gilt: Je höher die Schwingungszahl um so größer ist der Verschleiß des Werkes!
Die Räder drehen sich logischerweise schneller zu einem, zu anderem braucht man dafür mehr Kraft (stärkere Zugfeder)

Es gab sogar anfänglich im 5Hz bereich Probleme daß das Öl von den Paletten "weggeschleudert" wurde.

Deswegen der Kompromiss vieler Firmen mit3Hz-4Hz.
Optisch ist es kaum möglich genau festzustellen wie hoch die Schwingungszahl ist. Klar, eine ganz hohe und eine ganz niedrige im Vergleich sieht man schon.


Ich wünsche mir eine gebrauchte alte Patek Philippe. Da würde mich die geringe Schwingungszahl sicher nicht stören :mrgreen:


Kleinerzeiger

Re: Amplitude der Unruhe

Verfasst: 24.03.2010, 06:53
von Diogenes
Vielen Dank für Deine Erklärungen.
Hier sieht man also einen Punkt, wo die Chinesen noch nicht so pingelig arbeiten. Vielleicht können Sie das bei entsprechender Honorierung, denn m.W. lassen auch Nobelmarken manche Teile in Fernost herstellen, wobei sie dann allerdings Vorgaben machen, wie das Teil am Ende beschaffen sein muss.
Optisch ist es kaum möglich genau festzustellen wie hoch die Schwingungszahl ist.
Doch, das geht. Man muss nur schnell genug zählen können. Ein halbes Hz könnte problematisch sein, jedoch lassen sich 3 oder 4 Hz unterscheiden. Man kann ja auch mal an der Uhr horchen - den Unterschied hört man deutlich.
Ich wünsche mir eine gebrauchte alte Patek Philippe.
Hehe, das glaub' ich Dir. Früher baute man für meinen Geschmack schönere Uhren bzw. gefälligere Zifferblätter. Ich habe mir einige Oldies angesehen und feuchte Augen bekommen. Heute finde ich da kaum etwas, was mich vom Hocker reißen würde - halt, doch: der Preis. Deshalb träume ich von solchen Modellen und freue mich an billigen Uhren, die manchmal ein wenig in die Nähe solcher Uhren-Designs vorstoßen, ohne sie zu kopieren bzw. plump zu fälschen. Das die Freude leider nur wenige Jahre hält, ist mir bewusst. Eine richtig alte Uhr möchte ich mir selbst im Unterhalt kaum leisten. Die nötigen Revisionen/Reparaturen schätze ich als aufwändig ein und selber kann ich da nichts ausrichten - man müsste einen guten(!) Uhrmacher in der Familie haben.

Viele Grüße
"Diogenes"


Nachtrag:
Heute hatte ich diese Uhr wegen Arbeiten im Garten vorsichtshalber abgelegt - sie hat kein Saphir-Glas und auch die Vergoldung würde Kontakt mit Steinen, Erde und Ton übel nehmen. Nach etwa einer Stunde ruhen betrug die Amplitude der Unruh exakt 0°, obwohl die Uhr vollständig aufgezogen war. Das Ding geht also zurück zum Händler. Schade, dies ist eines der wenigen skelettierten Modelle, die mit gefallen, da man die Zeiger trotzdem gut erkennen kann.