Hallo Lynguist,
mit Certina hast Du es jedenfalls mal mit einer durch und durch "echten" Uhren-Firma zu tun. Certina gehört heute zur Swatch-Group, was per se kein schlechtes Zeichen ist. Die Kaufleute von Swatch haben in den 90ern den richtigen Riecher gehabt und nach dem großen Uhrensterben in den 80ern unter den Herstellern mechanischer Uhren viele in Konkurs geratene oder von diesem bedrohte Traditionsfirmen aufgekauft. Sie bedienen damit als Großkonzern die unterschiedlichsten Zielgruppen in den unterschiedlichsten Preis- und Qualitätsstufen und trennen diese dadurch sauber voneinander ab. Certina verwendet ETA-Werke die auch zu Swatch gehören und ihrerseits z.B. Valjoux aufgekauft haben. Es ist schon recht interessant und manchmal leider auch etwas ernüchternd, wer da wie mit wem verzweigt ist. Die Zugehörigkeit zu einem großen Konzern kann Vor- und Nachteile haben. Zum einen muß ein ehemaliger Traditionsbetrieb nach der Pfeife seines Mutterkonzerns tanzen, andererseits verhindert dieser aber auch, daß sich die einzelnen Tochterunternehmen in fremde Reviere verirren. (siehe Autoindustrie, wo heute jeder meint, vom Kleinwagen bis zur Protz-Limo alles anbieten zu müssen). Allerdings sind diese auch nicht davor gefeit beispielsweise den Uhrenzweig des Unterhosenherstellers Calvin Klein unter ihre Fittiche zu nehmen. Hier heißt es wohl: "Erlaubt ist, was Geld bringt". Es ist wohl wie mit den Lebensmitteln: Darf man denn überhaupt noch irgendwas essen?
Mit Certina habe ich keine Erfahrung und kann nur wie Du auch in der Beschreibung lesen. Saphirglas ist schon mal was gutes weil wesentlich härter als Mineral- oder gar Kunststoffglas und damit kratzfester (kommt ganz auf Deine Gewohnheiten bzw. die "Einsatzbereiche" der Uhr an, ich will nie mehr was anderes). Ne verschraubte Krone ist auch gut, weil sie die Wasserdichtigkeit erhöht und die Krone vorm Abbrechen schützt. (verschraubte Drücker wären noch besser, aber auch teurer und sind auch unter Edeluhren nicht durchgängig verbreitet) 10bar entspricht 100m: das ist ausreichend zum duschen, baden und schwimmen (
http://www.uhren-schmuck-suche.de/funkt ... -uhren.htm). Faltschließe: wer´s haben will - is ok, aber kein muß. kommt auf die Verarbeitung an. Eine solide, einfache und damit kostengünstige Dornschließe ist besser als eine labbernde Faltschließe, aber da hab ich mit Certina wie gesagt keine Erfahrung. ETA-Werk: grundsätzlich nicht schlecht, aber welches Kaliber genau ist verarbeitet? Finde die Angaben etwas dürftig und auf der HP des Herstellers wird man auch nicht schlauer. Der Preis von knapp 300,- € und die Verwendung von an sich schon teurem Saphirglas läßt darauf schließen, daß das Uhrwerk kein High-End-Produkt sein wird. Da mußt Du jemanden mit Certina-Erfahrung fragen und Dir selbst die Frage beantworten, ob es denn auch High-End sein muß und ob man bei Quarz-Technik überhaupt von High-End reden kann (oder ist es mehr so ein digitales "geht oder geht nicht"-Ding, vgl nächsten Absatz zum Thema Funkuhr).
Bei Uhren ist das aber eh so ein Hin-und-Her Thema, bei dem jeder für sich selbst entscheiden muß, welchen Ansprüchen die Uhr genügen soll und wieviel Geld einem das dann Wert ist, bzw. wieviel man ausgeben kann. Bei Deiner ersten Wahl hat Dich ja scheinbar auch weniger die Ganggenauigkeit oder besser gesagt -ungenauigkeit gestört, als die nicht erreichten Zielsetzungen des Herstellers. Viele Kunden prüfen die Ganggenauigkeit ihrer Uhren überhaupt nicht nach, weil es für sie unwichtig ist (wer grundsätzlich 15 min zu spät kommt schert sich nicht drum, ob die uhr 5 min vor oder nach geht). Wenn Du auf Ökonomie,Ganggenauigkeit und Effizienz Wert legst, ist eine Funk-Uhr das Beste für Dich. Für den durchschnittlichen Preis beispielsweise einer einfachen Breitling (ohne Gold, Diamanten und sonstigen Firlefanz) kannst Du Dir 30/40 Jahre lang jeden Monat eine Billigfunkuhr für unter 20 Euro kaufen. Wenn die Batterie leer ist kaufst Du Dir einfach gleich eine neue Uhr, aber die Batterie die wird wohl sicher länger halten als einen Monat und das Werk ist mit Abstand genauer weil funkgesteuert, als eine mechanische Uhr. Der Funkuhr ist es (theoretisch) auch völlig wurscht wie genau oder ungenau das Quarzwerk ist, weil ja ständig per Funk nachgeregelt wird. Da kann man jetzt bei Conrad (weil billig) oder bei Junghans (weil Erfinder der Funkuhr) kaufen. Oder auch ganz woanders.
Mechanische Uhren sind aber Meisterwerke feinmechanischer Handwerkskunst und es muß ja auch nicht unbedingt ne Luxus- oder Protz-Zwiebel sein. Solar-Uhren haben auch ihren Reiz. Ebenso ne TAG HEUER Caliber 6 mit 1/100s Chronograph, für den der´s meint haben zu müssen, oder eher zu wollen, obwohl´s "nur" ne Quarzuhr ist. Andere Hersteller bauen auch schöne Uhren. Wenn Du sagst "Nee, muß einfach nur cool sein", wird die Qual der Wahl auch nicht gerade leichter....
Vielleicht überlegst Du Dir mal, was Dir an Deiner neuen Uhr so alles wichtig ist, was eher unwichtig und startest hier und auch in andern Foren eine allgemeine Kaufberatung.
Meine Wahl fiel für mich persönlich etwas aus dem Rahmen, Kenner wird´s aber kaum wundern: Wie gesagt, wollte ich eine mechanische Uhr, am besten mit Automatikaufzug. Durch die Empfehlung eines Arbeitskollegen (leider ein Kenner
, der mich aber auf die richtigen Fährten geschubst hat) bin ich dann auf die Firma Sinn hier in Frankfurt gekommen und es war Liebe auf den ersten Blick. Das Unternehmen gehört zwar auch nicht mehr seinem Gründer sondern einer Einzelperson als Nachfolger, was aber ja nix Schlimmes ist und Preis/Leistung und Firmenethos haben mich überzeugt. Die Firma ist in der Breite eher unbekannt, weil sie wenig Geld für Image-Kampagnen ausgibt und eher auf Mundpropaganda setzt, was häufig ein Zeichen guter Qualität ist. Ich habe mich für eine 103 St Sa entschieden
http://www.sinn.de/de/sinn.php4?Modell=3 die sich noch im günstigeren Bereich aufhält. Es hat mich zwar das 5fache des ursprünglich anvisierten Preises gekostet, weil ich mich einfach in eine andere Spielklasse begeben habe, aber es hat im Augenblick einfach gepasst. Die Uhr hat alles, was ich von einer Uhr verlange (vgl.
http://www.uhrzeit.org/forum/viewtopic.php?f=24&t=1981). Keine Ahnung, ob ich noch mal soviel Geld für eine Uhr ausgeben würde, denn vorher dachte ich, Uhren über 500,-€ sind was für Snobs. Aber im Moment bin ich sehr zufrieden. Ich hatte als Frankfurter durch die räumliche Nähe auch die Möglichkeit direkt im Werksverkauf einkaufen zu können, was zwar keinen Preisvorteil bringt, aber Gelegenheit bietet sich einen Eindruck der Firma und ihres Service zu verschaffen, mit dem ich bisher sehr zufrieden bin.
Es gibt aber sicher auch noch günstigere Automatik-Uhren.
Es würde mich freuen, hier noch andere Meinungen zum Thema Junkers Uhren zu hören, da meine Meinung ja auch einseitig sein kann oder andernorts über Certina.
Und Dir wünsch ich ich noch viel Spaß beim Stöbern, denn die größte Freude ist bekanntlich die Vorfreude
LG
jgobond
PS: Ich hätte mich wie Du auch sehr darüber gefreut, wenn Junkers eine andere Philosophie oder Strategie und auch einen höheren Qualitätslevel gehabt hätte, weil mir das Design grundsätzlich sehr gefällt und wie Du auch schon schreibst, wirklich einmalig sein dürfte. Die Uhren, die ich probeweise am Arm hatte, entsprachen vom Anfassgefühl schon deutlich ihrem Preissegment und die edleren Teile habe ich seltsamerweise bei keinem Händler gesehen.